Seine Mutter träumt davon, dass er im Anzug in der Tagesschau Kommentare spricht. Statt dessen ist Ralf Kabelka als Außenreporter für Oliver Welke in der „heute show“ (ZDF) unterwegs und macht den Sidekick für Jan Böhmermann im „Neo Magazin Royale“ (ZDF neo). Was er da macht, hat seine Mutter nie verstanden, verriet der Comedian und Autor am 1. März im Gespräch mit Frank Überall im Consilium in Köln.
Die Kölner Journalisten-Vereinigung (KJV) und der Lions Club Köln-Laetitia hatten zum Benefiz-Talk in das Restaurant beim Kölner Rathaus eingeladen, um über das nicht immer einfache Verhältnis von Satire und Journalismus zu sprechen. Das griffige Motto: „Was gibt’s denn da zu lachen? Wichtigschreiber trifft Witzigschreiber“. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Duo „AnyWay“ (Nici Liebrich und Franco Clemens). Der Reinerlös der Veranstaltung geht an den Rechtshilfefonds für verfolgte türkische Journalistinnen und Journalisten beim gemeinnützigen Kulturforum Türkei Deutschland in Köln.
Ohne Nachrichten, ohne Journalismus, die Recherche und die Einordnung von komplexen Sachverhalten würde politische Satire nicht funktionieren, erklärte Ralf Kabelka: „Unsere Zuschauer müssen ja Vorwissen mitbringen, um zu verstehen, was wir machen.“ Er selbst bezieht zahlreiche Zeitungen im Digitalabo, um informiert zu sein und seine politischen Gags ableiten zu können.
Braucht Journalismus Satire?
Aber braucht der Journalismus auch die Satire? Ja, auch wenn es nicht alle Journalistinnen und Journalisten unbedingt gerne hören. Aber Sendungen wie die „heute show“ oder „Die Anstalt“ funktionieren bei vielen als Einstiegsdroge in die politische Berichterstattung. Kabelka verwies auf die Daily Show in den USA, aus der die jüngere Generation hauptsächlich ihre Informationen über das politische Geschehen beziehen. Auch in Deutschland tragen Satireformate längst zur Aufarbeitung politischer und gesellschaftlicher Themen bei. Entsprechend beschrieb Kabelka gute Satire als etwas, „das die Augen öffnet, bei dem man was Neues erfährt und natürlich auch lachen kann“.
Darf Satire dann alles? Und was darf sie nicht? Das fragte Frank Überall in dem Teil des Gesprächs, den er augenzwinkernd als „Proseminar Journalismus und Satire“ angekündigt hatte. Kabelka musste nicht lange überlegen. „Satire darf nicht auf ‚Normalos’ rumtrampeln, die schon am Boden liegen.“
Wo die Grenze zur Beleidigung oder Diskriminierung liegt, sollte das berüchtigte Böhmermann-Gedicht über den türkischen Präsidenten Erdogan gerade verdeutlichen – auch wenn das viele nicht verstanden haben. Ob man es im Nachhinein betrachtet noch mal so veröffentlichen würde, fragte Überall, und der Talk-Gast wurde ernst, antwortete mit einem „einerseits – andererseits“. Die Intention sei ja gewesen, eine breite Diskussion auszulösen, das habe geklappt. Aber dass Böhmermann bedroht wurde und zeitweilig unter Polizeischutz arbeiten musste, „das braucht kein Mensch“.
Seit mehr als 20 Jahren ist der gebürtige Paderborner im Bereich Comedy unterwegs, hat teils als freier Gagschreiber und Autor, teils als Redaktionsmitglied für Größen wie Harald Schmidt und Hape Kerkeling gearbeitet. Und er hat die Welt um die Figur des fiktiven CDU-Politikers Dr. Udo Brömme bereichert, der seit 2000 mit dem Slogan „Gut. Ehrlich. Sauber.“ und Statements wie „Zukunft ist gut für alle“ durch die politische Landschaft geistert und die Begegnung mit echten Politikern sucht.
Kontakt sucht Kabelka auch immer wieder zur AfD, deren Werdegang er seit den eurokritischen, aber harmlosen Zeiten eines Bernd Lucke begleitet. Legendär ist etwa sein Auftritt 2015 als Clown bei einer AfD-Demo in Berlin. Auch beim AfD-Parteitag 2017 in Köln saß Kabelka auf der Pressetribüne und jagte für ein Statement hinter dem ehemaligen ARD-Korrespondenten und heutigen AfD-Politiker Armin Paul Hampel hinterher. „Gerade überlegen wir bei der ‚heute show’, ob wir das so weitermachen.“
Aber ist es überhaupt Satire oder doch eher Comedy, was bei der „heute show“ und dem „Neo Magazin Royale“ geboten wird, wollte Überall wissen. Erstere sei eindeutig politischer, während das Magazin sich neben politischen auch um Themen der Popkultur kümmere und zudem einfach mal Quatsch mache, erklärte Kabelka. Eigentlich scheint ihm die Abgrenzung auch nicht so wichtig zu sein. „Wir wissen, dass wir nicht immer ganz tief gehen.“ Aber an einer Stelle zählt der Unterschied, wie er verriet: „Bei der VG Wort gibt es für Kabarett mehr Punkte als für Comedy.“
Corinna Blümel