Journalisten und Juristen

Spannend, unterhaltsam, informativ: Erster KJV-Talk mit Dr. Reinhard Birkenstock

Dr. Reinhard Birkenstock
Dr. Reinhard Birkenstock zu Gast bei der KJV. (Foto: Wolfgang Jorzik)

„Ich muss den Medien gegenüber genauso Überzeugungsarbeit leisten wie im Gerichtssaal.“ Der Kölner Strafverteidiger Dr. Reinhard Birkenstock hat in der Regel Geduld mit Journalisten, verriet er bei der Kölner Journalisten-Vereinigung (KJV). Der Abend im Klüngelpütz-Theater machte den gelungenen Auftakt zur neuen Veranstaltungsreihe KJV-Talk.

Gesprächsbereit
Um seine Überzeugungsarbeit zu leisten, ist Birkenstock, der selbst mal mit dem Beruf des Journalisten­ geliebäugelt hat, für die Medienvertreter ansprechbar. Er führt Hintergrundgespräche und hat Verständnis dafür, dass Fernsehteams und ­Fotografen vor oder direkt nach einem Gerichtstermin Bilder brauchen. Journalisten dürfen auch mal „ganz doof fragen, wenn sie was nicht verstanden haben“.

Seine Geduld hat aber ein Ende, wenn er z.B. ­gefragt wird, wie es seinem Mandanten geht – nachdem der gerade ein „Lebenslänglich“ kassiert hat. Dann kann es auch schon mal sein, dass er solche „Spinner“ auf dem Gerichtsflur zusammenfaltet. Wie emotional er dabei werden kann, wie sehr er sich mit der Rolle des Strafverteidigers identifiziert, das ­bekommen auch die Besucher im gut gefüllten Klein-Theater in der Kölner Innenstadt zu ­spüren. Sie dürfen aber auch herzlich lachen, denn der eloquente Gast verfügt über einen trockenen Humor.

Im Gespräch mit dem stellvertretenden KJV-Vorsitzenden und DJV-Bundeschautzmeister Dr. Frank Überall plaudert Birkenstock über ­seinen Berufsalltag als prominenter Anwalt, der oft noch prominentere Persönlichkeiten vertritt – so zeitweilig den Ex-Wettermoderator Jörg ­Kachelmann. Zu dem Prozess bezieht er nicht ausführlich Stellung, aber lässt z.B. erkennen, dass er die Medien­kampagnen in diesem Fall fragwürdig fand. Deshalb sei es hier richtig gewesen, dass ein Presserechter Unterlassungverfügungen verteilt habe. Dabei widerspricht das seiner sonstigen Überzeugung, die Vertreter der vierten Gewalt ernstzunehmen.

Nicht nur für Bessergestellte
Dass auch ein Stück Eitelkeit bedient wird, wenn er in solchen Prozessen in der bundesweiten Berichterstattung auftaucht, gibt Birkenstock ­unumwunden zu. Und er wehrt sich gegen die Frage aus dem Publikum, ob er nur noch bessergestellte Mandanten vertrete: „Ich habe noch keinen weggeschickt, weil er kein Geld hatte“, erklärt er und verrät auch Privates: Als Sohn einer pietistischen Familie in Siegen aufgewachsen habe, er „als kleiner Junge die Armut geschmeckt“.

Verwunderlich findet es der Anwalt, dass die Prozessführung von Richtern in der Berichterstattung kaum kritisch betrachtet wird. Dabei sieht er Journalisten im besten Fall in einer ähnlichen Funktion wie die Strafverteidiger: als „Kontrolleure der Rechtsstaatlichkeit“. Im schlechtesten Fall interessieren sich die Medienvertreter allerdings gar nicht für das, was in einem Prozess wirklich passiert, sondern jagen nur nach Schlüsselthemen wie „Promis, Sex, Kriminalgeschichten und viel Blut“.

Und natürlich bleiben Richter gerade bei Prozessen mit großem Medieninteresse nicht unbeeinflusst von der Berichterstattung. „Auch deshalb leiste ich meine Überzeugungsarbeit bei den Journalisten.“ ||

Corinna Blümel