Auch wenn es immer wieder Diskussionen über Qualität und verdeckte PR gibt: Die 2001 gegründete Online-Enzyklopädie Wikipedia ist eine feste Größe im Netz. Die wenigsten Nutzer denken darüber nach, wer eigentlich die Inhalte liefert. Zu geschätzten 90 Prozent sind es Männer, die hier Zeit und Arbeit investieren. Welche Auswirkungen hat das auf die Themensetzung und -gewichtung? Und was hält Frauen davon ab, ihr Wissen auf Wikipedia zu teilen? Diesen Fragen ging am 31. Januar 2014 eine Podiumsdiskussion nach, zu der die Kölner Journalisten-Vereinigung (KJV) gemeinsam mit anderen Verbänden eingeladen hatte (s. u. „Kooperationsveranstaltung“).
Unter Moderation der Medienwissenschaftlerin Johanna Niesyto diskutierten Elke Wetzig aus Köln, die seit 2003 für Wikipedia schreibt und fotografiert, und die Medienpädagogin Silvia Stieneker aus Berlin, die das Projekt „Women edit“ leitet, das Frauen als Wiki-Macherinnen gewinnen will.
Zwar hatten Wetzig und Stieneker eine erkennbar unterschiedliche Position zu Frauenfragen, sie waren sich aber einig, dass Wikipedia keine Männerdomäne bleiben sollte. Denn mehr Autorinnen würden eine größere Themenvielfalt bringen – wohlgemerkt nicht im Sinne von Mode, Kinder, Kochen, sondern mit Einträgen zu Architektinnen, Künstlerinnen, Unternehmerinnen… In „rosa Schubladen“ sollen Frauen jedenfalls nicht gesteckt werden, erklärte Stieneker.
Wikipedia ist mehr als eine Enzyklopädie, hatte Niesyto in einer Keynote zum Auftakt deutlich gemacht: In dem riesigen ehrenamtlichen Kollaborationsprojekt wirken allein in Deutschland mehr als 6.100 Menschen mit, schreiben, redigieren, korrigieren, ergänzen und aktualisieren. Bestand hat dabei nur, was die Gemeinschaft akzeptiert – manchmal erst nach heftigem Hin und Her.
Gerade in diesen Diskussionen kann es ruppig zugehen. Da kanzeln die alteingesessenen Wikipedianer Neulinge – egal welchen Geschlechts – auch mal rüde ab. Und neue Beiträge werden zur Löschung markiert, weil sie nicht den „Relevanzkriterien“ entsprechen, die sich die (vorwiegend männliche) Community gegeben hat. So erfüllen beispielsweise die meisten Journalistinnen eine wesentliche Voraussetzung nicht, um als bedeutende Persönlichkeiten eingeordnet zu werden: Sie sind oder waren nicht Chefredakteurin.
Bekannt sind auch die Schwierigkeiten, die Rolle der Frauen in der Geschichte angemessen zu belegen. Nach Wiki-Kriterien erschwert das, Beiträge zu diesem Thema „durchzubekommen“.
Das Thema „Willkommenskultur“ wird intern schon lange diskutiert, wie Elke Wetzig verriet. Sie selbst steht „Newbies“ für Fragen zur Verfügung. Darüber hinaus soll auch ein institutionalisiertes Mentoringprogramm den Einstieg erleichtern. Nicht zuletzt veranstaltet das Women-edit-Projekt Workshops für Frauen, denn die arbeiten nach Überzeugung von Silvia Stieneker nicht gerne in anonymen Zusammenhängen:
„Sie wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben.“ Ein entsprechender Workshop ist auch in Köln vorstellbar.
Eingebettet war die Podiumsdiskussion in einen Neujahrsempfang mit einem Begrüßungssekt und einem kleinem Büfett. Die rund 75 Besucherinnen (und wenigen Besucher) nutzten den Abend zum regen Netzwerken. Die Organisatorinnen wollen demnächst die Möglichkeit weitere Zusammenarbeit ausloten.
Kooperationsveranstaltung
Für den Neujahrsempfang mit Podiumsdiskussion am 31. Januar 2014 kooperierten die Kölner Regionalgruppen folgender Verbände:
- BücherFrauen
- B.F.B.M. Bundesverband der Frau in Business and Management
- BPW Business and Professional Women
- DMW Digital Media Women
- EWMD European Women‘s Management Development International Network
- jb Journalistinnenbund
- KJV Kölner Journalisten-Vereinigung
- NdM Neue deutsche Medienmacher
- WIFTG Women in Film and Television Germany