Klüngeln 3.0 – Empfehlungsnetzwerke

Vor einigen Jahren versuchte man, auf Veranstaltungen möglichst viele Visitenkarten zu ergattern. Um dann festzustellen, dass viele Kontakte sofort wieder versandeten, weil die Zeit für eine systematische Nach­bereitung fehlte. Wer sich heute über Xing und Linked­In, Facebook, Twitter oder Instagram verknüpft, kann sich ­damit ganz einfach bei seinen Kontakten in ­Erinnerung halten. Das ersetzt nicht das persönliche ­Gespräch, aber es schafft Verbindung – und Anknüpfungspunkte, wenn man sich bei nächster Gelegenheit wieder trifft. Dafür warb die Netz­politik-Expertin Valentina Kerst beim Neujahrsempfang, zu dem die Kölner Journalisten-Vereinigung am 17. Januar als einer von zehn Verbänden eingeladen hatte.

Zum zweiten Mal kooperierte die KJV dafür in der Melanchthon-Akademie mit Medien- und Frauenverbänden wie den Neuen deutschen Medienmachern (NdM), dem Journalistinnenbund (jb), den Bücherfrauen, den Digital Media Women (DMW) und den Women in Film and Television Germany (WIFT). Das Motto „Klüngeln 3.0“ bezog sich auf die vorgestellten sozialen Netzwerke, aber auch auf das Ziel, den Mitgliedern mit der Kooperation Möglichkeiten zur Vernetzung über den eigenen Verband hinaus zu geben. Eine Idee, die auch diesmal gut ankam: Die Plätze bei der kostenpflichtigen Veranstaltung waren schnell ausverkauft.

Dass es das Klüngeln – oder auch „Man kennt sich, man hilft sich“ – schon lange und nicht nur in Köln gibt, bewies IHK-Geschäftsführerin ­Elisabeth Slapio in ihrer Begrüßung und verwob ­unterhaltsam regionale und überregionale ­Geschich­ten aus früheren Jahrhunderten bis in die heutige Online-Welt. Empfehlungen, so führte sie aus, bieten heute gerade bei komplexen Themen wichtige Orientierung.
Den digitalen Empfehlungswerkzeugen widmete sich Valen­tina Kerst in ihrer Keynote. Wer sich geschäftlich in ­einer online­affinen Welt ­bewegt, kommt um diese Form der Vernetzung sowieso nicht herum. Allerdings machte sie auch deutlich, dass es ­in manchen Kreisen auch vergebene Liebesmüh wäre: „Digital Outsiders“ wird man im Netz gar nicht erreichen, bestimmte Ausprägungen der „Digital Immigrants“ vielleicht in Business-Netzwerken wie Xing, aber eher nicht auf Facebook.

Dass auch die reale Welt zur Vernetzung einlädt, zeigte die anschließende Podiums­diskus­sion unter Leitung von Margret Sitzler, Leiterin der EBC-Hochschule Düsseldorf. So stellte die Leverkusener Kunstkritikerin Susanne Wedewer-Pampus Zonta vor. Der internationale Zusammenschluss berufstätiger Frauen setzt sich sowohl weltweit wie vor der eigenen Haustür dafür ein, die Lebenssituation von Frauen rechtlich, ­politisch, wirtschaftlich und beruflich zu verbessern. Das Thema Beruf gewinne in jüngerer Zeit auch bei lokalen Aktivitäten wieder an Bedeutung – ­eine Rückkehr zu den Wurzeln, denn zu diesem Zweck wurde Zonta ursprünglich gegründet. Mit der digitalen Vernetzung tue sich die Vereinigung dagegen eher noch schwer. „Das mag auch an der Altersstruktur liegen“, erklärte Wedewer-Pampus.

Aus anderen Gründen ist Juliane Thevissen vorsichtig mit den Online-Netzwerken: Die Filmproduzentin in Köln weiß einerseits, dass sie mit ihrer Arbeit präsent sein muss, zum Beispiel bei denen, die Fördergelder vergeben. Ande­rerseits darf man gerade bei Filmproduk­tionen im frühen Projektstadium nicht zu viel verraten. Und auch wenn das Klüngeln gerade der Filmbranche oft nachgesagt werde, sei diese doch eher von Konkurrenz geprägt. Trotzdem greift natürlich auch Thevissen auf Netzwerke zurück – solche, die „im echten Leben“ über viele Jahre gewachsen sind. Die persönliche Verbindung ermöglicht es, die jeweiligen Filmteams passend zu besetzen. Besonders wichtig ist ihr ­dabei die Nachwuchsförderung.

Die hat sich auch die dritte Podiumsteilnehmerin auf die Fahnen geschrieben, Ute Blindert von den Digital Media Women, die unter anderem zwei Zeitschriften herausgibt und die dazugehörigen Webseiten zukx.de und business­ladys.de betreut. Sie möchte mehr Frauen auf Tagungs- und Kongresspodien bringen. Netzwerke könnten dabei unterstützen und ermuntern: „Frauen haben oft zu viele Bedenken.“

Wer Lust hatte, konnte das Gelernte nach der Diskussion bei einem geführten Speed-Networking umsetzen. Fortgesetzt wurden die Gespräche und das Netzwerken beim abschließenden Büffet.

Corinna Blümel